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Wie läuft eine Rechnungshofprüfung ab?

Wenn Studierendenvertretung als Teil einer Körperschaft des öffentlichen Rechts durch die oberste Prüfstelle des Landes untersucht wird. Ein Erfahrungsbericht aus 2019 in Thüringen.

Michelle Storandt
von Michelle Storandt · May 16th, 2024

In Thüringen wurden 2019 die Studierendenvertretungen zuletzt vom Landesrechnungshof geprüft. Eine solche Prüfung tritt häufig „kurz“ nach einer neuen Änderung von Landesregeln oder -gesetzen auf. In Thüringen wird vor allem auf Grundlage der Thüringer Studierendenschaftsfinanzverordnung (ThürStudFVO) geprüft. Alle in diesem Artikel aufgeführten Zitate stammen aus dem Jahresbericht des Thüringer Landesrechnungshofes aus 2021.

Der allgemeine Ablauf

Die Prüfung wird mit ein paar Wochen Vorlauf den Universitäten und Hochschulen des Landes schriftlich angekündigt. Es werden verschiedene Unterlagen aus mehreren Haushaltsjahren angefragt. Zu diesen Unterlagen gehören u. a. die Haushaltspläne und -abschlüsse, Beschlusslisten, Protokolle Satzungen und weitere wichtige Ordnungen der Studierendenschaft.

„Bis zur Genehmigung der Haushaltspläne geltende Haushaltsbeschränkungen wurden von einigen Studierendenschaften weitestgehend ignoriert.“

Die Rechnungsprüfer:innen beschäftigen sich mit diesen Unmengen an Unterlagen in der Regel mehrere Tage und können Stichprobenartig auch in die Tiefe gehen. Nach der Durchsicht können Gespräche mit der Universitätsleitung bzw. deren Vertreter:innen und der Studierendenvertretung stattfinden.

„Die Rechtsaufsicht über die Studierendenschaften übten nicht alle Präsidenten im erforderlichen Maße aus. So wird derzeit in einem Fall gegen einen verantwortlichen Studierenden strafrechtlich ermittelt.“

Im Anschluss kann es vorkommen, dass einzelne Unterlagen noch nachgefordert werden.

Wurde die Prüfung überstanden können mehrere Monate vergehen, bis ein Entwurf des Rechnungshofes vorliegt und die Studierendenvertretung sich innerhalb einer Frist dazu äußern kann. Erst im Anschluss dessen wird ein offizieller Bericht verfasst, der für die Legislative eine Handlungsgrundlage liefern kann.

„Der Rechnungshof hat deshalb seine bereits im Jahresbericht 2012 unterbreitete Empfehlung bekräftigt, die Bildung von verfassten Studierendenschaften und die damit einhergehende Pflichtmitgliedschaft von Studierenden an den Hochschulen des Landes in Studierendenschaften hochschulrechtlich nicht mehr vorzusehen.“

Solche Prüfungen durch den Rechnungshof haben in Thüringen in den Jahren 1998, 2010 und 2019 stattgefunden. Die Ergebnisse dazu liegen in den Jahresberichten des Thüringer Landesrechnungshof der Jahre 1999, 2012 und 2021 vor.

Wie es 2019 an der TU Ilmenau abgelaufen ist

Ende Januar 2019 wurde ich, damals Haushaltsverantwortliche im StuRa, durch die Unileitung kontaktiert und über die Prüfung informiert. Der Rechnungshof wollte die Jahre 2016 bis 2018 prüfen. Als vor Ort Termin wurde Mitte Februar angesetzt, aber die Prüfung hat erst im März vor Ort stattgefunden. Der StuRa hat den Prüfer:innen die Unterlagen alle auf Papier, trotz Option seitens des Rechnungshofes es digital zu machen, zur Verfügung gestellt. Dies ist vor allem der Vorgabe von Haushaltsabschlüssen auf Papier aus der ThürStudFVO geschuldet.

Die Prüfung lief ca. drei Tage in den Räumen der Uni und zum Abschluss wurde je ein Gespräch mit der Uni und dem StuRa geführt. Das Gespräch lief professionell ab und wirkte nicht, wie man es sich eventuell vorstellen könnte, beängstigend oder fordernd statt. Nach ein paar Tagen kam per E-Mail eine Nachforderung mit einzelnen Unterlagen, welche recht zügig geschickt wurden.

Es vergingen dann mehrere Monate. Man hat aus anderen Studierendenvertretungen in Thüringen Horrorgeschichten gehört. Neben nicht vorhanden Abschlüssen, verschwundenen Unterlagen und auf den Plan gerufenen Finanzämtern fing man an zu schwitzen, was noch passiert. Erst über ein Jahr später im August 2020 kam eine Aufforderung aus dem Ministerium, zum Entwurf der Prüfungsmitteilung des Rechnungshofes Stellung zu nehmen. Der Bericht war äußerst umfangreich und ist an einzelnen Stellen sehr in die Tiefe gegangen.

„Ihr hochschulpolitisches Mandat überschreitend wurden z. B. Projekte und Veranstaltungen finanziert, die nur einem bestimmten politischen Spektrum zuzuordnen und in Einzelfällen im Thüringer Verfassungsschutzbericht benannt sind.“

Im Konkreten wurde sehr häufig hinterfragt, ob die ausgegebenen Finanzmittel im Sinne der Aufgaben der Studierendenschaft laut Hochschulgesetzt verwendet wurden. Es wurden Zahlen offengelegt, Fristversäumnisse, verschwundene Unterlagen, rechtswidriges Verhalten und Straftaten dokumentiert. Insbesondere bei personenbezogenen Inhalten wurden Schwärzungen im Bericht vorgenommen. Die Studierendenvertretungen haben im Anschluss trotz Prüfungsphase zum Teil sehr ausführlich Stellung bezogen und auch das Ministerium um Stellungnahme gebeten. Das Ergebnis der Prüfung und die Stellungnahme des Ministeriums wurden im Jahresbericht des Thüringer Landesrechnungshofes von 2021 veröffentlicht. Vor dem Lesen des Berichtes empfiehlt es sich etwas Popcorn zu besorgen.

„Beiträge wurden teilweise unwirtschaftlich eingesetzt, indem z. B. 2019 eine Fachschaftstagung auf Mallorca durchgeführt wurde, 73 % der Beitragseinnahmen einer Studierendenschaft für Vergnügungsveranstaltungen verwendet wurden oder sich die jährlichen Ausgaben von mehreren Studierendenschaften allein für Alkohol auf einen jeweils fünfstelligen Betrag beliefen. […] Die Einschätzung des Ministeriums zu Vergnügungsveranstaltungen und den Ausgaben für alkoholische Getränke teilt der Rechnungshof nicht. Die Vernetzung und Integration der Studierenden geschieht während der Studieneinführungstage, bei denen sich u. a. die Gremien vorstellen. Eine Refinanzierung von Ausgaben für alkoholische Getränke war bei den meisten derartigen Veranstaltungen nicht feststellbar.“

Persönliche Eindrücke

So eine Prüfung ist als Finanzer erstmal wahnsinniger Stress. Es müssen alle Unterlagen der letzten Jahre innerhalb kürzester Zeit zusammengesucht und ggf. aufbereitet werden. Wenn dann die Vorgänger:innen nicht sauber gearbeitet haben, muss man sich umso mehr auf das folgende Gespräch mit den Prüfer:innen vorbereiten. Wenn die Uni einen vorher eher links liegen gelassen hat, bekommt man auf einmal zusätzlich diese ungewollte Aufmerksamkeit.

Bei uns in Ilmenau lief die Prüfung im Vergleich noch entspannt. Die Universität hat uns unterstützt und auf das Gespräch mit dem Rechnungshof vorbereitet. Unsere Ausgangslage bestand aus ca. zehn erst kürzlich abgeschlossenen Haushaltsabschlüssen und ehemaligen Finanzer:innen, die noch in der Reichweite des StuRa aktiv waren. Entsprechend lagen alle Unterlagen vor und wir hatten noch genügend Wissen in unserem Dunstkreis, um potenzielle Fragen beantworten zu können. Durch das seit 2017 eingesetzte StuFiS hatten wir zusätzlich die Option Fragen und Inhalte nachvollziehen zu können, auch als die physischen Unterlagen für uns nicht erreichbar waren. Nach der vor-Ort-Prüfung konnten wir auch innerhalb weniger Stunden die fehlenden Unterlagen digital nachliefern.

„Die Verstöße zeigen vielmehr, das die kontinuierliche und ordnungsgemäße Aufgabenerledigung durch die Studierendenschaften nicht gewährleistet werden kann. Diese sind offensichtlich überfordert.“

Erdrückend war die ewige Wartezeit. Nach 1,5 Jahren hatten wir ein Dokument vor uns, was man in Teilen am besten mit Popcorn lesen wollte. Es fühlte sich in Teilen niederschmetternd, wenig verständnisvoll und widersprüchlich an. Unsere Stellungnahme mussten wir dann innerhalb weniger Wochen während der Prüfungszeit verfassen. Auch die Endfassung des Berichtes fühlt sich in Teilen wertend und nicht immer ganz objektiv an. Insbesondere, weil die öffentliche Version Aussagen über alle Studierendenvertretungen hinweg trifft und somit kein differenziertes Bild möglich ist. Es kann auf die Leser:innen somit der Eindruck entstehen, dass alle Mängel an jedem Standort vorliegen.

„Grundsätzlicher Auffassungsunterschied besteht deshalb nach wie vor in der Frage zur verpflichtenden Bildung von verfassten Studierendenschaften. Die vom Ministerium vorgetragenen Argumente überzeugen den Rechnungshof nicht. Sie lassen zum einen das anhaltend hohe Maß an Unsicherheit bei der Anwendung der rechtlichen Regelungen durch die Verantwortlichen der Studierendenschaften außer Acht. Zum anderen zeigen Erfahrungen sowohl aus Bayern als auch an der DHGE, dass die Interessen und Belange der Studierenden durchaus auch ohne eine verfasste Studierendenschaft wahrgenommen werden können. Studierende und Hochschulen sollten deshalb selbstbestimmt und nach eigenem Ermessen über die Bildung von Studierendenvertretungen entscheiden können.“

Anstatt Hilfe anzubieten und die Probleme anzugehen, werden strengere Vorschriften vorgeschlagen oder eine Abschaffung des ganzen Systems gefordert. Wäre es nicht viel besser, wenn die Regeln so gestaltet sind, dass eine einfache und digitale Arbeitsweise möglich ist? Wenn die Transparenz digitaler Möglichkeiten so genutzt wird, dass rechtwidriges Verhalten gar nicht möglich ist oder frühzeitig erkannt werden kann? Mit unserer Software StuFiS haben wir genau das versucht. Anhand der vorhandenen Regeln sollen typische Fehler umgangen und durch maximale Transparenz und Mehraugenprinzipe z.B. Veruntreuungen verhindert werden.